Grabsteine erzählen 1.2 oder: vom Kreislauf des Lebens

Der Mensch ist das einzige Lebewesen, das um seine Vergänglichkeit weiß. Jeder Mensch weiß, dass er/sie einmal sterben wird und setzt sich „irgendwie“ damit auseinander.
Manche machen sich den Tod ganz bewusst zum Freund…..….andere verdrängen ihn völlig und dazwischen gibt es eine Bandbreite von möglichen Auseinandersetzungen. Denn: am Tod kommt keiner vorbei! Seit Menschengedenken stellt der Mensch Fragen: Wo komm ich her? Wo geh ich hin?
Viele Tiere trauern durchaus auch und manche Tiere spüren ihr nahes Ende, ziehen sich aus der Herde zurück oder gehen zu bestimmten Sterbeorten (Elefantenfriedhof), aber die sogenannten existentiellen Fragen stellen sie sich nicht.
Die menschliche Suche nach Antworten auf diese Fragen ist die Geburtsstunde von Kultur, Philosophie und nicht zuletzt Religion.
Ohne den Tod, keine Religiosität, keine Theologie und auch kein Christentum.
Aus christlicher Sicht sind Geburt und Tod Tore des Lebens: wir sind immer Lebende und Sterbende zugleich.
Erstaunlicherweise -oder gerade nicht?- sind Grabsteinsymbole oft Taufsymbole bzw. eigentlich „Lebensanfangs“symbole, denn früher stand die Taufe ja wie selbstverständlich am Lebensanfang, wenige Tage oder Wochen nach der Geburt.
Das ist heute oft anders. Die Entdeckung von Lebensanfangssymbolen am Ort des Lebensendes, auf dem Friedhof, gibt mir immer ein gutes, wahrhaft rundes Gefühl: Der Kreislauf allen Werdens und Vergehens wird nicht nur in der Abfolge der Jahreszeiten deutlich, sondern auch in der Gestaltung der Grabsteine. Manche dieser Symbole sind heutigen Menschen ganz fremd geworden, aber der Kreislaufgedanke nicht. Im Gegenteil: ein alter Frauenberuf wird gerade wieder neu entdeckt, den der Sterbeamme, denn sterben braucht genauso Begleitung wie das Gebären bzw. geboren werden durch die Hebamme. Auch hier also: das Leben ist ein runde Sache zwischen kommen und gehen, werden und vergehen, Eingang und Ausgang. Davon weiß auch Martin Luther, denn er schrieb in „Ein Sermon von der Bereitung zum Sterben; 1519“:

„Und es geht hier zu, gleich wie ein Kind aus der kleinen Wohnung, seiner Mutter Leib, mit Gefahr und Ängsten geboren wird in diesen
weiten Himmel und Erde, das ist, auf diese Welt; also geht der Mensch
durch die enge Pforte des Todes aus diesem Leben.
Und wiewohl (der Himmel und) die Welt, darin wir jetzt leben, groß und
weit angesehen wird, so ist doch alles gegen den künftigen Himmel viel
enger und kleiner, denn der Mutter Leib gegen diesen Himmel ist.“

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