Andere Länder – Andere Sitten III: Trauerkultur in der Diskussion – auch anderswo

Ich reise im Urlaub durch Schottland, durch ein Land, das ich sehr liebe, weil ich selbst einmal dort für ein paar Jahre gelebt habe.
Vieles ist vertraut. Ein bisschen sentimental klingen positive Erinnerungen an einen schönen Lebensabschnitt in mir nach.
Doch auch in meinem geliebten Schottland geschehen furchtbare Dinge: ein kleines 6jähiges Mädchen ist auf der -eigentlich paradiesischen- Urlaubsinsel Bute vergewaltigt und getötet worden. Unter großer Anteilnahme findet in Coatbridge -ihrem Heimatort- die Beerdigung statt. Alesha’s Lieblingsfarbe war pink und so ist auch ihr Sarg pink. Zusätzlich hat die Familie den Appell veröffentlicht, auch die Trauergäste mögen bitte pink tragen.
Die Fernsehbilder berühren mich: der pinkfarbenen Sarg wird durch den Ort gefahren, am Straßenrand Menschen mit pinkfarbenen Blumen, oder Schleifen, oder…..Hauptsache pink.
Tränenüberströmt hält der Onkel von Alesha im rosafarbenen Hemd eine Traueransprache und ihre Grundschullehrerin auch.
Ich finde es gut, dass Alesha so im Mittelpunkt steht und ihr Leben gefeiert wird auch und gerade mit ihrer Lieblingsfarbe Pink, aber ich habe Probleme damit, dass eine Vorschrift durch eine neue ersetzt wird. „Tragt kein schwarz, tragt bitte pink“. Dieser Appell der Familie wendet sich gegen traditionelle ungeschriebene Gesetze, dass man zu einer Beerdigung schwarz tragen muss. Aber warum darf ich nicht tragen, was ich möchte? Hätte ich etwas „Pinkes“ angezogen, frage ich mich? Mir extra etwas „Pinkes“ gekauft, so wie früher die Menschen extra schwarze Kleidung zur Trauerfeier gekauft haben?
Dann entfacht sich mit Wucht eine lebendige Diskussion, die über facebook und die örtlichen Radiosender bis hin zu BBC 2 ausgetragen wird: ein Pastor (leider habe ich nicht rausfinden können, von welcher Konfession) hat in einem Zeitungsartikel/Leserbrief den pinken Sarg und den Aufruf zu pinker Kleidung heftig kritisiert. Die Farbe der Trauer sei schwarz. Der Trauerfeier hätte Würde und Ernst gefehlt. Ich bin entsetzt. Über diesen Kollegen. Und begeistert über die öffentliche Diskussion: immer wieder rufen Menschen im Radio an und sagen ihre Meinung! Pro und Contra werden laut! Und ich werde Zeugin wie sehr auch in Schottland die Trauerkultur im Wandel, in der Diskussion ist. Auch mein Vorbehalt wird im Radio geäußert: kann man eine Tradition, die einem zu „vorschriftsmäßig“ daherkommt ersetzen, dadurch dass man eine neue Vorschrift ausgibt?
Und ich erinnere mich an Traueranzeigen/Beerdigungseinladungen in denen zu heller Kleidung aufgefordert wurde. Und ich bin dieser Aufforderung nicht gefolgt.

Kommentare zum Beitrag

Kommentieren Sie

Name:
E-Mail (wird nicht veröffentlicht):
Kommentar: